Würde es dir selbst schlecht gehen, würde ich es durchaus nachvollziehen können, dass man der AfD viele Dinge abgewinnen kann. Doch wenn ich mich hier im Forum sowie auch in der Öffentlichkeit umschaue, so sehe ich da vor allem Menschen, denen es selbst so schlecht nicht geht, welche aber denken, dass es vielen Anderen sehr schlecht geht. Wenn ich die Berichte im TV sehe, so sind Jene die da auf den Plätzen stehen und die AfD umwerben eben nicht jene Arbeitslose, Perspektivlose oder Niedriglöhner, wie man es eigentlich erwarten würde und teils bei anderen kleineren Parteien sehr viel eher findet. Aber gut ich möchte jetzt nicht zu sehr in Vorurteilen baden, denn meine Eindrücke sind nicht umfassend genug, als dass ich mir hierbei ein entgültiges Urteil erlauben könnte.
Daher möchte ich mal jene Motivation hinterfragen, welche z.B. dich zur AfD treibt.
Fragen die ich mir stelle sind...
Woran machst du fest, wie schlecht es Anderen geht?
Meinst du es ging Menschen vor 10 Jahren besser als Heute? Wenn Ja, woran machst du das fest?
Gab es in der Geschichte überhaupt Zeiten, in denen es Allen gut ging?
Gab es mal Zeiten, in denen keine Traumtänzer an der Macht waren?
Ist es nicht eher so, dass egal wer an der Macht ist, es immer etwas zu meckern gibt?
Wenn ich mich in meinem Umfeld umschaue und an vor 10 oder 15 Jahren zurückerinnere, so sehe ich da eine Vielzahl positiver Entwicklungen, denn vor 15 Jahren lag die Arbeitslosigkeit wesentlich höher und was vor 15 Jahren im Osten des Landes fast unmöglich war, nämlich Arbeit zu finden, gestaltet sich heute wesentlich einfacher (verglichen mit vergangenen Tagen).
Wenn ich mir darüber hinaus anschaue, welch PKW sich auf den Straßen bewegen und dies mit früheren Zeiten vergleiche, so sehe ich da mittlerweile wesentlich mehr große Kisten.
Ich sehe ebenfalls eine Vielzahl von Leuten, welche voll funktionsfähige Geräte zum Schrott schaffen.
Wenn ich mir zu all diesen Eindrücken die Statistiken anschaue, so bestätigt dies mein Bild, dass es vielen Menschen gar nicht sooo schlecht geht und auf eher hohem Niveau gejammert wird.
Doch da frage ich weiter, warum Menschen auf hohem Niveau besonders laut jammern, denn wie es scheint ist das Jammern größer als zu Zeiten in denen es vielen Menschen eigentlich schlechter ging. Und da finde ich eine gewisse zunehmende finanzielle Ungerechtigkeit zwischen unteren und oberen Schichten, sowie eine schmäler werdende Mittelschicht.
Auch da hinterfrage ich, wieso dies so ist und finde, dass das System (Kapitalismus) an sich permanent Geld und Vermögen von unten nach oben verteilt und unweigerlich auf Situationen hinausläuft, bei dem es eine schlagartige Rückverteilung gibt. Eine politische Alternative zum Kapitalismus ist Kommunismus, was historisch gesehen, sich nicht als eine effektive Lösung herausstellt. Dies als alleiniger Grund ist mir jedoch nicht genug und so grabe ich weiter und finde heraus, dass selbst im Jobwunder Deutschland in den letzten 10 Jahren zu 95% lediglich Jobs im Dienstleistungsgewerbe neu entstanden sind. D.h. die Anzahl der Stellen im verarbeitenden Gewerbe stagnieren. Da frage ich mich weiter, inwieweit mein Bedarf an Dienstleistungen in den letzten 10 Jahren wirklich gestiegen ist und finde, dass mein Bedarf nicht zugenommen hat. Dies ist ja auch logisch, denn wenn keine neuen wertschöpfenden Tätigkeiten entstehen, welche reale Werte in Form von Waren und Gütern hervorbringen, wer soll dann mehr Dienstleistungen bezahlen können oder wollen.
Demnach erklärt es sich mir die Ungleichverteilung an Löhnen und Gehältern sowie Gewinnen, weil ein Überangebot an Dienstleistungen die Preise zwangsläufig drückt.
Nun könnte man wie manch AfDler argumentieren, dass Einwanderer das Überangebot noch erhöhen und Problem verschärfen. Da mag durchaus etwas Wahrheit dran sein, doch allein die Einwanderungsproblematik zu lösen, wird das Problem an sich nicht lösen, sondern eher temporär ein paar kleine Effekte bringen.
Ebenso wird eine familienfreundlichere Politik dieses Kernproblem nicht lösen, wenngleich es durchaus das Problem durchaus abmildern könnte. Doch wenn ich eine familienfreundliche Politik ernsthaft betreiben will, muss ich finanziell etwas riskieren wollen und wieder mehr Schulden machen, andernfalls wird es sich an das Klein-Klein der regierenden Parteien nahtlos anschließen. Ferner braucht es hierbei nicht immer nur finanzielle Unterstützung, sondern ein ganzheitliches Konzept, bei dem vor allem die Bedürfnisse und Wünschen der Arbeitnehmer im Vordergrund stehen sollten. Es nützt mir als junger Familienvater nix, wenn das Kindergeld um 100 oder 200€ erhöht oder ich etwas Bildungszuschuss erhalte und der Staat meine Bildungsausgaben deckt, denn dann fehlt mit immer noch die Zeit für ein Studium, sowie die Kulanz meines Arbeitsgebers. Da spreche ich aus Erfahrung, weil ich zwei Studiengänge in fast 9 Jahren neben den Job vollzogen habe und am Ende nicht allzuweit von einem BurnOut stand, ganz zu schweigen von den sozialen Einbußen, welche ich hinnehmen musste.
Daher kann ich der AfD nicht viel abgewinnen, weil sie das Kernproblem nicht lösen und hierfür auch keine Lösungsvorschläge anbieten. Natürlich muss man hierbei auch erwähnen, dass andere Parteien wie auch CDU oder SPD diesbezüglich auch keine wirklichen Lösungen anbieten. Ich denke für Lösungen braucht es den Mut man gewohnte Pfade zu verlassen und etwas ganz Neues, vielleicht auch etwas Verrücktes machen zu wollen. Begriffe wie Crowdfunding, Shareconomy, Open-Source, usw. spielen in der Politik keinerlei Rolle. Ja die Politik hat wenn man so will erstmals in diesem Jahr das Internet überhaupt entdeckt, obwohl wir das Internet seit vielen Jahren mittlerweile nutzen.
Der Mut zu Deutschland wird uns da meiner Meinung nach nicht wirklich weiter voranbringen. |