Telekom-Vorstand Hedberg: Integration der Neuerwerbungen hat Vorrang
Jeffrey A. Hedberg, im Vorstand der Deutschen Telekom für das internationale Geschäft zuständig, hat maßgeblich an der Übernahme des US-Mobilfunkanbieters Voicestream mitgewirkt. Der Bonner Konzern hat damit endlich sein Ziel erreicht, auch auf dem extrem wichtigen amerikanischen Markt Fuß zu fassen. Doch wie geht es weiter? Und wo? Hedberg erteilt weiteren Übernahmen eine klare Absage. Bis auf Weiteres zumindest. Jetzt müsse die Telekom erst einmal ihre Akquisitionen im Konzern voll integrieren. Danach sei eine weitere internationale Expansion aber denkbar - vor allem in Südeuropa. Doch Hedberg zeigt auch klar die Grenzen der Telekom auf. Sie liegen vor allem in Ostasien. Mit dem 40-jährigen Amerikaner, der 1999 von der Swisscom zur Deutschen Telekom wechselte, sprach Lutz Frühbrodt. DIE WELT: Telekom-Chef Ron Sommer hat vor kurzem gesagt, ein Unternehmen werde nicht von heute auf morgen zum Global Player. Es sei vielmehr ein langer Weg dorthin. Wann wird die Telekom zum Global Player?
Jeffrey A. Hedberg: Wir sind bereits global positioniert, aber es wäre unsinnig, in allen Ländern der Welt Telekom-Fähnchen aufzustellen. Denn durch Übernahmen allein wird man nicht zum Global Player. In den vergangenen anderthalb bis zwei Jahren haben wir unsere internationale Präsenz massiv ausbauen können. Wir sind aber keine Investmentbank, die eine Akquisition nach der anderen vornimmt. Jetzt geht es darum, den Kapitalmärkten zu zeigen, dass wir die erworbenen Unternehmen managen und im Gesamtkonzern integrieren können. Weitere Übernahmen kommen aber nur auf lange Sicht in Frage. Die Zeit der "Big Deals" ist vorerst vorbei.
DIE WELT: Weist ein Global Player nicht dennoch eine geografische Komponente auf? Er müsste doch zumindest in der Triade USA-Westeuropa-Ostasien vertreten sein.
Hedberg: Das sind wir auch, zurzeit sicherlich am stärksten in Europa. Durch den Erwerb von Voicestream haben wir jetzt auch eine starke Position auf dem amerikanischen Markt aufgebaut. Hier wird in den nächsten Monaten auch eindeutig unser Fokus liegen. In Asien - etwa auf den Philippinen, in Indonesien und Malaysia - halten wir Beteiligungen an Mobilfunkgesellschaften. Wichtiger ist aber, dass wir durch T-Systems nun auch Geschäftskunden in Asien und Ozeanien mit IT- und Telekommunikationsdienstleistungen versorgen können. Auch Japan und China sind für die Telekom zwei wichtige Märkte. Aus diesem Grunde hat sich die Telekom in Japan bereits entsprechende Lizenzen gesichert und mit China Telecom ein Kooperationsabkommen geschlossen.
DIE WELT: Sie sehen also die Notwendigkeit, dass sich die Telekom auch in Japan und China stärker engagiert? Hedberg: Es wäre töricht, diese Märkte links liegen zu lassen. Es wäre aber genauso vermessen, wenn wir glaubten, die Telekom könnte mit ihrem Fokus auf deutsche Geschäftskunden dort heute eine Konkurrenz zu NTT oder Japan Telecom aufbauen.
DIE WELT: Sie wollen sich in Japan und China also auf die Geschäftskunden beschränken?
Hedberg: Ja. Bei unseren Festnetzaktivitäten für Privatkunden konzentrieren wir uns auf Deutschland und das östliche Mitteleuropa. Offen gesagt, glauben wir auch nicht, Geld etwa mit Kabelfernsehen in Frankreich oder Großbritannien machen zu können. Anders sieht es beim Mobilfunk aus: T-Mobile International hat seinen Fokus sowohl in Europa als auch in den USA.
DIE WELT: Könnte es sich nicht auf Dauer rächen, wenn die Telekom in den europäischen Kernländern Frankreich, Spanien und Italien nur relativ schwach oder gar nicht vertreten ist?
Hedberg: Wir sind in all diesen Ländern durch T-Systems und T-Online bestens vertreten. Darüber hinaus haben wir weitere mögliche Engagements gründlich untersucht und uns dann klar dagegen entschieden, zum jetzigen Zeitpunkt in die italienischen und französischen Mobilfunkmärkte einzusteigen. Dort machen Engagements ohne eigene Kundenbasis beziehungsweise als vierter, fünfter oder sechster Anbieter keinen Sinn. Deshalb haben wir uns auch von unserer Beteiligung an dem Unternehmen Wind getrennt. Das hat uns die durchaus erkleckliche Summe von 2,3 Mrd. Euro eingebracht. In Italien haben die zwei führenden Mobilfunkanbieter einen Marktanteil von 90 Prozent, und dies bei einer Marktdurchdringung von rund 70 Prozent. Auf den nachfolgenden Rängen hat man so kaum eine Chance, rentabel zu arbeiten.
DIE WELT: Und Frankreich?
Hedberg: Auch hier gilt der gleiche Grundsatz wie in Italien. Deshalb konzentrieren wir uns hier vorerst auf unsere bestehenden Engagements mit T-Systems und Club Internet. Sobald wir hier in der Gewinnzone sind, ergeben sich später vielleicht andere Möglichkeiten, zumal sich der gesamte Markt gerade gedreht hat: Es gibt mehr Verkäufer als Käufer. Außerdem betreiben wir dieses Geschäft, um einen Shareholder Value für unsere Aktionäre zu schaffen oder diesen zu verbessern.
DIE WELT: Bei der Internationalisierung der Telekom liegt der Schwerpunkt bisher auf dem Mobilfunk. Ron Sommer hat mit Blick auf die DSL-Technologie für superschnelle Internet-Anschlüsse von einer Renaissance des Festnetzes gesprochen. Bekommt das Festnetz damit nicht auch eine neue Bedeutung für Ihre internationale Strategie, gerade auch im US-Markt?
Hedberg: Unser Festnetz-Fokus liegt bisher auf dem Heimatmarkt und den Transformationsländern im östlichen und südlichen Mitteleuropa. Unsere Säule T-Systems, mit der wir das Angebot von Telekommunikations- und Informationstechnologie zusammenführen, ist in über 20 Ländern vertreten, muss aber sicherlich in Japan, Großbritannien und in den USA stärker werden, um noch besser Geschäftskunden erreichen zu können. Ich sehe aber keine zwingende Notwendigkeit, dass wir uns zum Beispiel in den USA beim Festnetz für Privatkunden engagieren. Im amerikanischen Breitbandmarkt sehe ich keine entscheidenden Wettbewerbsvorteile der Telekom.
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