Alle Berufe, die durch Endverbraucher nachgefragt werden, sind preissensibel. Sie haben eine elastische Nachfrage. D. h. ich gehe z. B. nicht mehr alle 4 Wochen zum Friseur, sondern alle 6 Wochen. Ich kaufe abgepackte Wurstwaren, statt direkt beim Metzger. Ich gehe weniger ins Restaurant usw. Das Ausweichverhalten der Kunden ist manchmal unfassbar. Es kennt keine Grenzen. Klar, nun könnte man einwenden, dass die Kassiererin an der Supermarktkasse trotzdem jede Woche die Kunden abkassieren muss. Aber auch hier vermute ich „kreative Strategien“ der Supermarktleitung, wie ein Mindestlohn umgangen bzw. längere Warteschlangen an der Kasse gemanagt werden können. Und was ist mit einer Studentin, die sich etwas dazuverdient, wenn die Teilzeitstelle wegfällt?
Heute Morgen im Einkaufscenter ist mir aufgefallen, dass an vielen Läden Flyer hängen. Es werden Aushilfskräfte gesucht. Gerne auch halbtags. Ohne viele Worte, Ihr wisst, welche Art von Arbeitnehmer gesucht wird... Für mich ist nicht nachvollziehbar, warum im Textilbereich, speziell Damenoberbekleidung, keine Fachkräfte eingesetzt werden. Ich glaube, viele Kundinnen würden mehr kaufen, wenn ihnen Fachkräfte bei der Wahl helfen würden. Ist eine Fachkraft mittlerweile obsolet? Und was bedeutet es für den Mindestlohn? Statt zwei Teilzeitkräfte, eine Vollzeitkraft?
Dass ein Mehreinkommen für viele Haushalte zwingend erforderlich ist, bestreite ich nicht. Ich unterstütze es sogar. Aber in der heutigen Zeit, wo Geld innerhalb von Minuten um die Erde geschickt werden kann, eine Transportkette verschiedenster Güter bis in entlegenste Winkel möglich ist und bei einer Anpassung des technischen Fortschrittes in vielen Produktionsprozessen weltweit, sollte man aufpassen, dass unsere Art zu wirtschaften (mit Regeln) nicht ersetzt wird. Ich kann mir gut vorstellen, dass weitere Arbeitsplätze verlagert werden könnten. Vielleicht ist der Arbeitsplatz flexibler als der Arbeitnehmer??? Es ist z. B. keine Seltenheit, dass Handwerksleistungen, auch mehrere Hundert Kilometer hinter der Grenze, von ausländischen Firmen erbracht werden. Und sie sind günstiger. Was sage ich denn einem heimischen Anbieter, wenn der AG bereits auf mich einen Kostendruck ausübt? Am Ende ist Deutschland nicht mehr Produktionsstandort, sondern nur noch Absatzmarkt. Von Arbeitslosenkeule zu sprechen oder über Langeweile zu klagen, trifft meiner Meinung nach nicht die Bedeutung Themas. Die Arbeitslosigkeit in anderen europäischen Staaten mit Mindestlohn kann ein Beispiel für die zukünftige Entwicklung Deutschlands sein. Am Ende verlieren wir alle, wenn die Errungenschaften des Sozialstaates abgeschafft werden. Also noch einmal: Ein Mehreinkommen der Haushalte ist zwingend erforderlich. Keine Frage. Aber wenn bei der Ausgestaltung eines Mindestlohns (bewußt) lücken gelassen werden, kann es zu negativen Effekten kommen.
Schönes Wochenende! |