Der Rostocker Windradhersteller fährt bei seiner Personalpolitik einen Schlingerkurs. Leute werden entlassen, dann wieder eingestellt. Das kann sich rächen, viele Firmen suchen händeringend nach Fachkräften. Die Q3-Zahlen waren von Nordex qualitativ sicher nicht schlecht, aber auch nicht allzu gut, vor allem wenn man den überraschend guten Q3-Umsatz mit 815 Mio. € zur EBITA-Marge mit 4,1% hernimmt, die ja auf dem gleichen Level war wie die in Q1 und Q2 und das obwohl der Q3-Umsatze um über 50% höher war wie in Q1 und Q2. Woher diese schwache EBITA-Marge beim Umsatz von 815 Mio. € herkommt lässt sich nur erahnen und das ist meines Erachtens das Kernproblem. Fakt ist, dass Nordex vor einem Jahr Probleme mit dem Auftragseingang hatte und wohl vor 12 Monaten aggressiver vorgegangen ist, sprich man ist beim Turbinenpreis etwas weiter runter gegangen um die Produktionen auszulasten. Das Problem hat Nordex mittlerweile nun wirklich nicht mehr bei dem Turbinenauftragsbestand von 3,14 Mrd. €. Zumal ja der Turbinenpreis in Q3 bei den Auftragseingängen bei 0,77 Mio. €/MW gelegen hat und somit auf gleicher Höhe wie bei Vestas und das bei einem schlechten Turbinenmix für Nordex mit 25% Nordex-Mühlen zu 75% Acciona-Mühlen bzw. einem 50%igen Anteil von US Aufträgen. Nimmt man den Durchscnittspreis fürs ganze Jahr 2018 beim Turbinenpreis her, dann liegt der von Nordex sogar höher wie der von Vestas (0,76 Mio. €/MW zu 0,74 Mio. €/MW). Nimmt man mal den Durchschnittsturbinenpreis vom letzten Jahr her mit 0,81 Mio. €/MW, dann ist der bei Nordex in diesem Jahr lediglich um rd. 5% gefallen.
Weiterer Gründe für die schwache EBITA-Marge ist sicher die deutliche Erhöhung der Kapazitäten beim Concrete Tower-Bau in Brasilien, dem Start der Rotorblattproduktion für die neue Mühle N149 in Rostock wie auch der Stellenaufbau in Rostock und Spanien. Das alles könnte die EBITA-Marge belastet haben.
Ein weiterer Punkt für den doch deutlichen Kursrutsch nach den gestrigen Zahlen dürfte der sein, dass Nordex ihre Umsatzprognose nicht erhöht hat. Ich hätte dann schon erwartet, dass Nordex ihre Umsatzprognose erhöht von 2,4 Mrd. € auf 2,55 Mrd. €. Hat Nordex nicht getan, denn Nordex geht davon aus, dass der diesjährige Umsatzpeak in Q3 war. Es wird wohl so ein, dass das eine oder andere Projekt wohl erst in Q1 2018 fertig wird. Heißt aber nun für mich, dass im kommenden Jahr ein Umsatz > 3 Mrd. € damit mehr als realistisch ist, denn die Umsätze sind ja nicht weg.
Auch der weiterhin skeptische Ausblick von Nordex für 2019 mit "herausfordernd" hat der Aktie sicher nicht gut getan und es macht wirklich den Anschein, dass dem Nordex-Management die Nordex-Aktie derzeit völlig egal ist. Muss nicht das Schlechteste sein, denn es ist offensichtlich, dass sich Nordex aktuell etwas neu aufstellt. Wie schnell diese Neuaufstellung geht ist schwer abzuschätzen. Für den derzeitigen Aktionär ist das sicher nicht vorteilhaft, aber für das Unternehmen schon. Liest man mal zwischen den Zeilen, dann kann man da durchaus positives herauslesen mit "dass man erst so in 12 Monaten die gute Auftragslage bei den Zahlen erkennen kann" oder "dass man die Lieferkette transformiert in Länder mit besserer Kostenstruktur". Sicher ist auch die Währungsverluste in wichtigen Nordex-Märkten wie der Türkei, Brasilien oder Argentinien mit ein Grund warum man bei Nordex mit den aussagen so übervorisichtig ist. Abschätzen kann das niemand in wie weit bestimmte Währungen noch fallen werden. Die neue Zölle in den USA belasten Nordex leider auch und man ist jetzt dabei die Lieferkette einzelner Bauteile wie z.B. Elektronik von China auf andere Länder umzustellen und auch der deutlich höhere Stahlpreis durch die Zölle belastet auch.
Und nun zu den Q3-Zahlen auf die ja hier überhaupt nicht eingegangen wird. Der Q3-Umsatz war überraschend stark mit 815,7 Mio. € (9M 2018: 1,77 Mrd. €). Wie erwähnt bei diesem starken Umsatz hätte man dann schon ein besseres EBITA erwarten können wie die 33,2 Mio. € (9M 2018: 71 Mio. €) in Q3. Damit ist die EBITA-Marge bei 4,1% (9M 2018: 4,0%). Das Q3 EBIT weist einen kleinen Verlust von 3,2 Mio. € aus (9M 2018: - 51,8 Mio. €) was dann zu einem Q3 Nettoverlust von 11,6 Mio. € (9M 2018: - 51,8 Mio. €) bzw. einem negativen EPS von 0,12 € führte (9M 2018: - 0,53 €). Hier hätte man sich dann doch gedacht, dass Nordex näher an den Break Even kommt. Vor allem weil der Umsatz so stark war. Ohne die nicht liquiditätswirksame PPA-Abschreibungen auf Acciona ( = 45 Mio. €) würde die EBITA-Marge in den ersten neun Monaten bei 6,9% liegen. Damit verzerrt diese PPA-Abschreibungen auf den Goodwill vom Acciona-Kauf dann doch nicht ganz unerheblich. Sollte man immer ein wenig im Hinterköpfchen behalten, denn ohne die PPA-Abschreibung wäre Nordex in Q3 auf Nettogewinnbasis im Plus gelandet.
Im Servicegeschäft verfestigt sich die gute EBIT-Marge mit 18%. Auf 9 Monatssicht gab es beim Serviceumsatz ein Plus von 14% auf 258,4 Mio. € (Q3: 96 Mio. €) bei einem EBIT von 46,7 Mio. €. Hier hat Nordex ihre Hausaufgaben schon sehr gut erledigt.
Die Cash Flows haben in Q3 haben ins Positive gedreht und waren damit ganz ok. Operativer Cash Flow in Q3 bei positiven 28 Mio. € (9M 2018: 10 Mio. €) und der Free Cash Flow bei positiven 18 Mio. € (9M 2018: - 84 Mio. €). Die Liquidität hat sich gg. Q2 durch den positiven Free Cash Flow auf 477 Mio. € erhöht. Wird aber schwer werden auf Gesamtjahressicht beim Free Cash Flow noch in die Pluszone zu kommen, aber das wird eigentlich erwartet. Machbar ist das aber durchaus im Abschlußquartal, denn da gibt es normalerweise immer deutliche höhere Cashflow-Generierung wie unterjährig.
Die Auftragslage ist erwartungsgemäß ganz stark. Der Turbinen-Auftagsbestand hat sich nahezu verdreifacht gg. dem Vorjahreszeitraum mit 3,1 Mrd. €. Das Book to Build Ratio liegt bei 1,54. Etwa 750 Mio. € vom Turbinen-Auftragsbestand sind schon für das Jahr 2020.
Alles in allem hat meiner Einschätzung nach die Nordex-Aktie die Vorschlußbeeeren auf die Zahlen/Aussagen von Vestas und Gamesa kurstechnisch wieder verloren und damit auch den Kampf um die 200-Tageslinie, was charttechnisch natürlich alles andere als positiv war/ist. Nicht mehr und nicht weniger, wenn auch die Zahlen/Aussagen in einigen Bereichen etwas enttäuschend waren wie die EBITA-Marge mit 4,1% bei dem guten Umsatz oder dass die Umsatzguidance nicht erhöht wurde oder dass Nordex weiterhin bei der Aussage bleibt, dass das kommende Jahr herausfordernd bleibt. Gerade bei letzerem hätte man doch erwartet, dass Nordex sich da etwas zuversichtlicher gibt. Nordex verkauft sich meines Erachtens jedenfalls schlechter als man ist. |