• Die Europäische Zentralbank (EZB) hat auf ihrer heutigen Ratssitzung in Frankfurt den Zeitraum für die Anleihekäufe im Rahmen des erweiterten Ankaufprogramms (EAPP) um weitere neun Monate bis mindestens zum Jahresende 2017 ausgeweitet. Wir hatten mit einer Verlängerung um nur sechs Monate gerechnet. Das monatliche Ankaufvolumen wird ab April allerdings von 80 auf 60 Mrd. EUR verringert. Die abermalige Höherdosierung ihrer Liquiditätszuführung durch dieses wichtigste unkonventionelle Instrumentarium war zwar von den meisten Marktteilnehmern ebenso erwartet worden wie die Beibehaltung der drei Leitzinssätze auf den bisherigen Niveaus. Eine Reduzierung des Volumens und damit ein impliziter, wenngleich nicht ausgesprochener Einstieg in ein Tapering kam für viele jedoch überraschend. Slower for longer. • Nachdem der Ratsvorsitzende Mario Draghi und manche seiner Kollegen im Vorfeld sehr klar darauf verwiesen hatten, dass auf der heutigen Sitzung mit weiteren Schritten zu rechnen sei, mussten die Notenbanker „liefern“, um die vorauseilenden Markterwartungen nicht zu enttäuschen. Die Dauer des EAPP wurde nun noch stärker verlängert als vorab vermutet, die Kürzung des Volumens ab April treibt vielen Investoren aber Sorgenfalten auf die Stirn. Obwohl Draghi beteuerte, über Tapering sei gar nicht gesprochen worden, lenkt dies den Blick darauf, dass auch die allerexpansivsten geldpolitischen Maßnahmen irgendwann an ihre Grenzen stoßen und zu einem Ende kommen müssen. Für so manche von der Liquiditätsdroge berauschte Akteure ist dies sicher eine ernüchternde und durchaus heilsame Erkenntnis. • Die heutigen Entscheidungen wurden vor dem Hintergrund der gleichzeitig vorgestellten neuen und aktualisierten Projektionen zur Preis- und Konjunkturentwicklung in der Eurozone getroffen. Demnach haben sich die Einschätzungen nur wenig verändert, die Notenbank sieht die Inflationsrate im nächsten Jahr nun marginal höher bei 1,3 %, im Jahr 2018 etwas niedriger als bisher bei 1,5 % und im Jahr 2019 bei 1,7 % und damit weiterhin unterhalb des Zielwerts von nahe 2 %. Zu dieser Vorausschau war Draghi sichtlich bemüht, eine Forward Guidance zu geben, wonach die EZB nötigenfalls jederzeit das Expansionstempo erhöhen könne. • Um die operative Umsetzung der bereits hinlänglich an Knappheitsgrenzen gestoßenen Anleihekäufe zu erleichtern, wurden einige technische Anpassungen vorgenommen. Die EZB wird die Mindestrendite der ankaufbaren Anleihen nicht mehr an dem Satz der Einlagefazilität festmachen, sie wird zudem die Mindestrestlaufzeit der ankaufbaren Papiere auf ein Jahr reduzieren. Diese Anpassungen sind effektiv und gegenüber einer ebenfalls vorstellbaren Veränderung des Eigenkapitalschlüssels ordnungspolitisch weitgehend unbedenklich. • Die Marktreaktionen fielen denkbar nervös aus. Der Euro sprang gegenüber dem US-Dollar innerhalb von wenigen Sekunden in einer Bandbreite von mehr als einem Cent hin und her, der DAX bewegte sich zunächst ein wenig erschrocken nach unten und dann wieder deutlich nach oben. Die Rendite 10-jähriger Bundesanleihen legte um rund 5 Basispunkte auf in der Spitze nahe 0,46 % zu und fiel danach wieder unter 0,38 %. Nervös, aber richtungslos.
• Fazit: Die EZB hat die Laufzeit ihres Ankaufprogramms bis mindestens Jahresende 2017 verlängert, wird das Ankaufvolumen ab April 2017 aber auf 60 Mrd. EUR begrenzen. Dies war offenbar der Kompromiss zwischen Tauben und Falken im EZB-Rat. Ohne es ausgesprochen zu haben, hat die Notenbank damit dem Tapering den Weg geebnet. Slower for longer. Einige von der Liquiditätsdroge berauschte Marktteilnehmer mögen ein wenig ernüchtert sein. Die sehr nervösen und richtungslosen Markreaktionen spiegeln dies wider.
Quelle: www.godmode-trader.de
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