Insider-Tip: Man sollte immer auf die richtigen Pferde setzen!
1. Tag: Endlich eingestiegen. Machen doch alle. Ersparnisse in DAX-Werten angelegt. Abends Feier mit Karolin und Jasmin. Die Kleine darf zur Feier des Tages ihr erstes Glas Champagner trinken.
5. Tag: Oh! Aktien können auch fallen. War ja bekannt. Zu VHS- Kurs »Erfolgreich als Aktionär« angemeldet - bei Esmeralda, einer 100jährigen Zigeunerin. Von führenden Analysten empfohlen.
8. Tag: Tendenz uneinheitlich. Man muß auf die richtigen Pferde setzen. Ballast verkauft, voll auf Automobilwerte gegangen. Provisionen gehen ganz schön ins Geld. 10. Tag: Endlich im Plus. Autobranche boomt, mein Depot auch. China will deutsche Autofabrik in Chow-Chow ansiedeln. Analyst der Deutschen Bank rechnet mit 1900 Prozent Wertsteigerung der VW-Aktie. Werden Aktiengewinne eigentlich unter Rot-Grün versteuert?
11. Tag: Im Arsch. Chinesischer Wirtschaftsminister in Peking an Ente erstickt. Sein Nachfolger präferiert die Bahn. Kommunikationswerte geordert. Und Energie. Fusionsgerüchte.
18. Tag: Panik! Der Dollar bricht weg (beim Fixing in Frankfurt minus 0,124 Pfennig). Russischer Verteidigungsminister an Prostata erkrankt, Franzi van Almsick seit sechs Tagen trocken. Zappen zwischen CNN und n-tv. Analysten empfehlen: Durchhalten! Schlaf so uneinheitlich wie DAX-Entwicklung.
22. Tag: Beim Arzt und beim Anlageberater. Beide empfehlen Pharmazeutika. Todsicher. Jasmin wird bald 14. Was soll ich ihr schenken? Ein eigenes Depot? Der Vater ihrer Freundin Elke setzt auf Finanzwerte. Lache.
32. Tag: Finanzwerte explodieren. Groß-Fusion. Deutsche Bank jetzt die größte. Weltweit. Pharmakurse geben nach. Anlageberater im Urlaub. Statt dessen: Anlageberaterin. Empfiehlt Aluminiumaktien. Flüstert erotisch: »Insider-Tip von Kostolany.« Dispo-Kreditrahmen ausgeschöpft. Muß wieder ins Plus. Weise Karolin im Bett zurück. »Ich kann nur bei steigenden Kursen.«
43. Tag: Was sind Puts & Calls? Elkes Vater hat aus realisierten Gewinnen neuen Wagen gekauft. Wenigstens aus Aluminium. Sechs Uhr n- tv: »Märkte am Morgen«, Rat für Frühaufsteher: Abwarten, frühstücken, Tee trinken. Echte Profis, total ausgebufft. Frühstücken, klasse Tip.
52. Tag: Eine Fusion jagt die andere. (Gibt es 2002 nur noch einen einzigen Mega-Weltkonzern? Kommt dann die Einheitsaktie zum Einheitspreis? Ist das Kommunismus oder Monopolkapitalismus?) Jasmin muß Zeitungen austragen. Karolin kellnert in der Lolita-Bar. Alles auf Multimedia gesetzt. War bei n-tv Tagestip eines Dresdner-Bank- Analysten, der aussah wie ein Analyst der Deutschen Bank.
60. Tag: Venezuela reformiert Rentenrecht, meldet CNN. Kapitalflucht. 3,4 Milliarden Dollar innerhalb weniger Stunden. Venezuela klinisch tot. Praktisch im Minus. Ordere venezolanische Aktien. So billig kriegt man die nie wieder. Anlageberaterin weigert sich, scheut das Risiko. Ich zu ihr: »Wenn Sie einen Job ohne Risiko wollen, dann gehen Sie zum Roten Kreuz.«
61. Tag: CNN korrigiert: Nicht Venezuela, sondern Burkina Faso ändert Rentengesetz. Alle Broker drauf reingefallen. 1,8 Milliarden Verluste weltweit. Karolin geht jetzt vormittags noch als Putze. Anlageberater aus Urlaub zurück, zeigt strahlend auf den Screen bei n-tv: Pharma 23 Prozent gestiegen! Weil russischer Prostataminister geheilt. Beiße in Schreibtischunterlage. »Vertrauen Sie mir«, sagt er, »Vertrauen ist der Anfang von allem.« Elkes Vater hat auch Pharma geordert. Okay, Neueinstieg.
79. Tag: Hypothek aufs Haus genommen. Wenn Pharmawerte bloß so hoch wären wie mein Blutdruck! n-tv beruhigt Kleinanleger: »Ihre Verluste werden kompensiert durch realisierte Gewinne der Großdealer.«
83. Tag: CNN meldet, in China sei ein Fahrrad umgefallen, Kurssturz in New York. Chaostheoretiker erklärt Zusammenhang. n-tv: Analyst der Commerzbank, der aussieht wie Analyst der Dresdner Bank, der aussieht wie Analyst der Deutschen Bank, sieht anderen Grund: schlechte Stimmung. Psychologie ist angeblich das Wichtigste. Psychologen verstehen mehr von Psychologie als pockennarbengesichtige BWLer mit von bangladeshischen Kindern handgenähten Schuhen aus Elefantenvorhaut.
91. Tag: Unterlagen für Studiengang Psychologie an der Fernuni Hagen angefordert. Bis dahin Flucht in festverzinsliche Wertpapiere und Postsparbuch. Bei 1,5 Prozent effektivem Jahreszins Verluste in 236 Jahren wieder raus. Warte auf das Platzen der Spekulationsblase.
100. Tag: Mich selbst beim Zappen von arte auf n-tv ertappt. Sensationelle Meldung: Die FDP will an die Börse. Westerwelle, der aussieht wie ein ho... ler Maso-Analyst der Commerz-, Dresdner oder Deutschen Bank, sagt: »Damit demokratisieren wir den Vorgang der Käuflichkeit von Abgeordneten.« Kaufen, sofort kaufen!
Ich weiß nicht wo es herkommt, aber ich danke dem Autor für diesen Beitrag -sehr lebensnah!!!!
Gruß Emu
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