Angesichts immer weiter fallender Kurse der weltweiten PV und Windkraftaktien frage ich mich langsam, ob nicht am Ende die Longtrader als Geisterfahrer unterwegs sind, nicht zur Kenntnis nehmen wollend, dass Unternehmen, die sich nachhaltig immer stärker verschulden und nicht einmal im erfolgreichsten Quartal aller Zeiten (Q2 2023) positive Free Cashflows erwirtschaften, für Investoren keinen Wert haben...?
Hier wird weiterhin sturheil von KGV 3 geschrieben, obwohl auch die Preise der modernsten N-Type Module seit Q1 2023 mittlerweile um fast 25% gefallen sind und die in Q2 ohnehin schon lausige Bruttomarge der Modulsparte in Q3 mit hoher Wahrscheinlichkeit nochmals deutlich sinkt.
Will denn niemand wahrhaben, dass Jinko im H1 über 170Mio EUR Wechselkursgewinne auswies, die aus betriebswirtschaftlicher Sicht natürlich als minderwertig gelten, weil weder nachhaltig erzielbar noch dem operativen Geschick des Unternehmens zurechenbar...
Die durch Bewertungseffekte bereits in Q2 jämmerliche Bruttomarge von ca. 15% dürfte in Q3 und Q4 bei weiterhin stark fallenden Modulpreisen weder durch Skaleneffekte noch durch fallende Polysiliziumpreise aufrechterhalten werden können, zumal letztere sich im Gegensatz zu den Modulpreisen in Q3 allmählich stabilisieren, während sich der Einbruch der Modulpreise, angetrieben von ungebrochenem Kapazitätsausbauwahnsinn der Chinesen von Monat zu Monat weiter verschärft.
Die Chinesen scheinen weder die klar negative Reaktion der Börsenkurse noch rasant fallende Modulpreise und Gewinnmargen von ihren Investitionsplänen abbringen zu können. Auch das extreme Negativbeispiel der Windkraftbranche, wo die weltweiten Hersteller infolge brutalen Preis- und Verdrängungswettbewerbs trotz bester Wachstumsaussichten seit Jahrzehnten Unsummen an Cash verbrennen, während Windparkbetreiber und Projektierer sich infolge stark gestiegener Strompreise und Anlagerenditen dumm und dämlich verdienen...
Die unersättliche Gier auf Marktanteile und das Streben nach einem Monopol, welches insbesondere die USA - im Gegensatz zur auf kurzfristig möglichst billigen PV Ausbau fokussierten EU - den Chinesen - koste es was es wolle - verbieten werden, scheint die Unternehmen vollkommen blind in eine Logik immer aggressiveren Kapazitätsausbaus zu treiben.
Die extrem hohen Lagerbestände in der EU, die mittlerweile mehr als einen kompletten Jahreszubau betragen, zeigen doch in aller Klarheit, dass der PV Markt in blinder Wachstumsphantasie bei Projektierern und Handwerkern eine Goldgräberstimmung ausgelöst hat, die durch den extremen Anstieg der Finanzierungskosten für viele PV Händler in einem wirtschaftlichen Desaster enden dürfte, weil der Modulpreisverfall gigantische Lagerbestandsabwertungen erzwingt.
Und wie reagieren die Chinesen... sie fluten die EU trotz riesiger Überbestände weiter mit Modulen, weil sie ihre an der aktuellen Weltmarktnachfrage komplett vorbei geplanten Produktionsvolumina irgendwo unterbringen müssen und der hochattraktive US Markt für China PV Importe faktisch geschlossen ist.
Wenn du dauerhaft mehr produzierst als der Markt nachfragt, zerstörst du einerseits die Absatzpreise und bekommst zudem ein riesiges Lagerbestandsproblem... beides sehen wir in der PV Industrie... und die Antwort der Chinesen lautet unverändert... Kapazitätsausbau statt Cashflowoptimierung und Entschuldung... ???
Und genau das reflektieren die crashenden Börsenkurse... eine bessere Einladung könnten Shortseller sich nicht wünschen... denn die Gesetze der Marktwirtschaft arbeiten solange für ihre Spekulation, bis die Chinesen den Investitionswahnsinn stoppen... und da Chinesen es für Stärke halten, immer das Gegenteil der Forderungen westlicher Kapitalmärkte zu tun, können sich die Shortseller darauf verlassen, dass vermutlich erst dann ein Umdenken beginnt, wenn der erste große chinesische PV Hersteller in die Insolvenz rutscht... zu Zeiten von Solarworld und Co haben die Chinesen ja schon einmal den gesamten Weltmarkt und nebenbei auch eine Vielzahl chinesischer PV Hersteller ruiniert... Jinkosolar ist bekanntlich auf der Asche insolventer Weltmarktführer gegründet worden... Nun hat sich Jinkosolar den Status Weltmarktführer mit hoher und rasant steigender Verschuldung bei gleichzeitig unterirdischer Bruttomarge erkauft... steigende Finanzierungskosten im Umfeld stark fallender Modulpreise, rückläufiger Gewinnmargen und exponentiell steigender Investitionen sind Gift für den Aktienkurs und ein Segen für Shortseller...
Als Aktionär von Jinko, CSIQ und Daqo macht es mich einigermaßen fassungslos, dass die Chinesen aus der Vergangenheit einfach nicht zu lernen scheinen und erfolgreiche Wachstumsunternehmen aus PV und Windenergie sehenden Auges durch fehlende Preisdisziplin und miserables Investitions-, Verschuldungs- und Cashflow Management in wirtschaftliche Schwierigkeiten führen...
Das betriebswirtschaftliche Prinzip heißt Gewinnmaximierung bzw. Maximierung des Barwerts der Nettozuflüsse der Anteilseigner (-> Shareholder Value).
Die Chinesen verstoßen seit Jahren in eklatanter Weise gegen das Prinzip des Shareholder Value und dennoch behauptet die Mehrheit im Forum, die Shortseller seien Geisterfahrer? Habt ihr irgendein betriebswirtschaftlich nachvollziehbares Argument, warum ein INVESTOR (kein Zocker!) vor dem Hintergrund sinkender Modulpreise, sinkender Margen , trotz steigender Finanzierungskosten unablässig steigender Schulden und auf Jahre hinaus keinerlei Aussicht auf positive Free Cashflows geschweige denn auf dem bilanzierten EPS auch nur annähernd adäquate Dividenden in Jinkosolar investieren sollte?
Geht hier irgendjemand davon aus, dass die Chinesen urplötzlich den Shareholder Value entdecken und sich auch nur einen Deut um internationale Investoren bzw. den ADR-Preis scheren?
Jinkosolar ist seit 2022 in China gelistet und dort hat Jinkosolar trotz Kurshalbierung noch immer eine MKAP von ca. 100 MRD RMB / 13 MRD USD bei einem KGV von 18, ist also auch nach dem Crash keineswegs günstig bewertet und hat daher kurzfristig wohl wenig Aussicht auf Besserung. Wenn der Kurs der ADR, wie in den letzten 12 Monaten gesehen, weiterhin eine hohe Korrelation zum Shanghai-Kurs aufweist, woher soll dann der Kurstrigger kommen, solange Jinko in Shanghai schlicht überbewertet ist und daher immer weiter abschmiert?
Bewertung funktioniert nie im Rückspiegel und die Erwartung sinkender Bruttomargen und Quartalsgewinne sowie stark negativer Free Cashflows ist sicher kein Anlass für US Analysten von Goldman und Co., Jinko von Sell auf Buy zu stufen. Ich glaube eher, dass Goldman die gefallenen Kurse demnächst wieder zum Anlass für eine neuerliche Kurszielsenkung nehmen wird.
Wie gesagt, die US Boys führen Krieg gegen China, vor allem aber auch gegen eine zweifelsfrei gegen die Interessen der Shareholder gerichtete, wertvernichtende Unternehmenspolitik. |