Das, was Du oben zum Industrial schreibst, wäre dann nochmal eine etwas andere Perspektive. Eine sehr komplexe Bewegung, der man aus der Distanz vermutlich nur schwer wirklich gerecht werden kann. Es spielen dort wirkliche viele Aspekte mit rein.
Mit Deinem Verweis auf Adornos Imperativ bringst Du im Grunde nochmal das zum Ausdruck, was ich oben mit anderen Worten (diese Ästhetisierung des Schrecklichen, die in der Tradition des Realismus der Nachkriegszeit steht) beschrieben habe.
Ein Imperativ, der aus dem Trauma der Nazizeit zwar verständlich aber letzten Endes unsinnig und auch bedauerlich ist. Traumaverarbeitung ist dann im übrigen sicher noch ein weiterer Aspekt des Industrial.
Fordismus und Postfordismus und die Betrachtungen der Wirtschaft, die dahinter stehen, sind indessen Theorien, die hinsichtlich der Veränderung von Arbeitsprozessen, die mit der Industrialisierung und der Massenproduktion entstanden sind, sicher vieles in Teilen durchaus richtig erfassen, dabei aber hinsichtlich ihrer Implikationen doch kritikwürdig sind. Ich selbst kann sowohl mit dem Fordismus als auch mit dem Postfordismus, der mit der Konzeption des ersteren bricht, als Theorie eher weniger anfangen. Von diesen durchaus ideologisch behafteten Begrifflichkeiten abgesehen, spielt die Industrialisierung und damit eines der großen Themen der Moderne beim Industrial aber sicher mit rein, wie der Name im Grunde auch bereits nahe legt. Politische Aspekte kommen dann auch noch hinzu, wobei ich in der Musik an politischen Themen nicht besonders interessiert bin, in der Tendenz stört es mich sogar eher.
Eine Wegbereitung elektronischer Musik ist dann wiederum ein anderer Aspekt. Genau so wie natürlich ganz oben die Kunst. Im Grunde waren sie dann sogar Wegbereiter für Performance Art und Aktionskunst im weitesten Sinne.
Das alles sind jedoch Dinge, die einem zwar mehr oder weniger unmittelbar ins Auge stoßen, die man aber auch beiseite schieben und einfach die Musik oder bei manchen Stücken vielleicht besser gesagt die Klanggebilde als art pour l'art genießen kann.
Eine Verquickung von art and music, die auf diesem Gebiet das Radikalste und Extremste ist, was es dort je gegeben hat und vermutlich auch geben wird. Es gibt ja wirklich kein Tabu, was TG nicht gebrochen hätten. An diesem Fundus haben sich derweil Generationen von nachfolgenden Musikern vom Underground bis hinein in den tiefsten mainstream bedient, toppen oder gar noch etwas Neues hinzufügen lässt sich da in Sachen Provokation jedoch nur schwerlich. TG haben den Industrial dann eben nicht nur eingeleitet sondern mit seinem Beginn dann im Grunde gleichsam vollständig ausgelotet und erschöpft.
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